Im Haus des Bundesverkehrsministers harren zurzeit wichtige Infrastrukturaufgaben einer Lösung: aufgeschobene Instandhaltungsmaßnahmen im Straßennetz, Probleme bei der Bahn, ein Geisterflughafen in Berlin. Fortschritte sind Mangelware. Profiliert hat sich der bisherige Minister Ramsauer mit der Wiederbelebung nostalgischer KFZ-Kennzeichen. Für diese Leistungsbilanz gab es in der F.A.S. vor einiger Zeit die Schulnote Fünf. Der Minister ist sicher ein fleißiger Mann. Aber die Themen, für die er brennt oder kämpft, decken sich offenbar nicht mit den großen Herausforderungen seines Ressorts.
Führen oder machen
Ob Repräsentieren, Feuerlöscheinsatz, bürokratische Akribie oder aber Gestaltungswille – alles zehrt vom selben mentalen Energievorrat. Das gilt für Politiker und für Manager, auch wenn die Themen unterschiedlich sind. Nur wenige schaffen es, dem getakteten Kalender immer wieder zu entrinnen und ihre eigenen Prioritäten zu justieren. Einer der das schafft erzählte mir, dass er sich im Büro hin und wieder einfach eine halbe Stunde Muße gönnt, nur um nachzudenken, in welcher Rolle er jetzt wohl am effektivsten agieren könne. Häufig gewinnt ein Führungsthema über einen eher handwerklichen Einsatz; der fällt ja bekanntlich meist leichter.
Besondere Wirkung entfaltet sich immer dann, wenn viel Energie auf einen begrenzten Gegenstand trifft. Mit hoher Fokussierung ist zwar die Gefahr verbunden, naheliegendes rechts und links zu übersehen, aber es lassen sich so eben auch Widerstände der zäheren Sorte überwinden. Drei Betrachtungen:
Makro oder Mikro
Schauen wir uns das Management von Supply Chains an. Hier gibt es viele Mikro- und einige Makro-Themen, die häufig völlig losgelöst voneinander bearbeitet werden. Meist ist das schädlich. Die Herstellkosten von Produkten etwa lassen sich durch die Verlagerung an Billiglohn-Standorte reduzieren (Mikro). Eine Gesamtbetrachtung mag zu anderen Ergebnissen kommen (Makro). Lieferzeiten verlängern sich möglicherweise drastisch (z.B. Asien-Europa) oder sie werden mit teuren, mehr oder weniger geplanten Luftfrachttransporten oder hohen Beständen und Bestandrisiken kompensiert.
Bei hoher Komplexität und Dynamik der Supply Chain kann es nicht immer den durchdachten, ausreichend detaillierten „Master Plan“ geben, der Schritt für Schritt umgesetzt wird. Was es jedoch geben kann, ist eine einfache Richtschnur als Orientierung für alle Projekte und Maßnahmen. Wie sieht so ein Kompass aus?
Zeit oder Geld
Zweck der Supply Chain ist es, Kunden pünktlich und schnell zu beliefern und die dazu nötigen internen Produzenten und externen Lieferanten so zu organisieren, dass das zuverlässig und zu günstigen Kosten funktioniert. Der gemeinsame Nenner ist die Zeit. Schnell, pünktlich, zuverlässig, alles hat mit Zeit zu tun. Da Master Pläne nur bedingt tauglich sind, es vielmehr auf Anpassungsfähigkeit an neue Situationen ankommt, ist ein gemeinsamer Kompass das bessere Mittel. Taiichi Ohno, der Erfinder des Toyota Produktionssystems, formulierte das mal so: … alles, was wir tun, ist, auf die Durchlaufzeit zu achten, und zwar von dem Moment an, indem wir einen Kundenauftrag erhalten, bis zum dem Moment, in dem wir das Geld in Empfang nehmen. Wir verkürzen die Durchlaufzeit, indem wir alle Bestandteile eliminieren, die keinen Mehrwert generieren … So gelangen auch unabhängig agierende Akteure aus verschiedenen Bereichen zu kompatiblen Lösungen – wenn die Controller sie machen lassen und altgewohnte Überzeugungen auch mal infrage gestellt werden. Das ist meist ein dickes Brett. Aber ohne diese Art von Kompass wird’s häufig kompliziert.
Einfach oder kompliziert
Auch in komplexen Produktions- und Liefernetzwerken gibt es die Neigung, 100% Lösungen auf der Mikro-Ebene anzustreben. Das produziert Kompliziertheit, verhindert Transparenz und höhlt Verantwortlichkeit aus. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Prioritäten. In fast jedem Unternehmen gibt es Abläufe, die vereinbarte Termine nahezu unabsichtlich aber äußerst systematisch aushebeln. Da gibt es den bedeutenderen Kunden, Spezialfälle, die vermeintlich eine eigene Lösung verlangen, das wichtigere Projekt oder schlicht Ober sticht Unter. In der Folge gerät das ganze Termingebilde ins Schwingen. Und am Ende lassen sich Zusagen nur mit viel Engagement, mit Stress oder schlicht durch Zufall einhalten. Also versuchen Sie es doch wieder mal einfach. Oder wenden Sie Simple Rules an. Sie werden sehen, das wirkt – und es löst nebenbei 80% der Problemfälle.
Im übrigen ist die beste Führung, mal nicht selber in die Speichen zu greifen, sich einfach etwas Muße zu gönnen und es mit weniger Aktivitäten (und entsprechend mehr Energie) zu versuchen. Führen mit Fokus eben, und dabei gelegentlich noch nach links und rechts gucken.