Trommler zwischen den Welten.

Stimmt die Organisation ihrer Supply Chain?

Ein Kunde ruft an und will wissen, wo sein komplexer Auftrag steht und ob die Auslieferung eine Woche früher erfolgen kann. Wie schnell können sie antworten? Gilt das nur für bestimmte Personen oder klappt das immer? Wie zuverlässig ist die Auskunft? Ein zweiter Fall: Der Auftragseingang steigt wieder leicht an. Gleichzeitig bricht der Bestelleingang einzelner Kunden ein, andere Abnehmer wiederum erhöhen ihre Vorschauzahlen massiv. Wie schnell bekommen das Disposition und Einkauf mit? Wie zügig und gezielt wird reagiert?

Brüche im Auftragsdurchlauf?

Gerade in sehr innovativen Technologieunternehmen bleibt die Organisation des Auftragsdurchlaufs eine permanente Herausforderung. Auf der einen Seite stehen anspruchsvolle technische Konzepte und die Terminforderung des Kunden, auf der anderen Seite der Einkauf, der auch Spezialteile schnell beschaffen soll. Dazwischen stecken Produktion und Logistik mit ihren limitierten Kapazitäten. Wer hat den Durch- und Überblick?

Viele Unternehmen verfügen über sehr erfahrene, engagierte Mitarbeiter, die den täglichen Balanceakt mit Improvisationstalent und großem Einsatz meistern. Aber, nicht alle Leute verfügen über die gleichen Stärken, es fällt auch mal jemand aus und effizient ist das Ganze auf Dauer schon gar nicht. Was tun?

Der Kunde als Taktgeber

Auftragsdurchlauf, Materialbeschaffung und Planung bilden ein „magisches Dreieck“, mit dem Kunden als Taktgeber. Der Takt entsteht durch den Auftrag oder Lieferabruf des Kunden. Die Rolle der Planung ist es, auf Basis realistischer Daten (und nicht entlang der eigenen Budgetplanung!) künftige Entwicklungen zu antizipieren und alle Vorbereitungen zu treffen, um das „Pull-Prinzip“ zu ermöglichen. Rund läuft das Geschäft, wenn die drei Prozesse Auftragsdurchlauf, Materialbeschaffung und Planung aus einem Guss sind. Packen Sie also diese Kompetenzen unter eine Leitung „Logistik“ (Liefermanagement, Supply Chain Management).

Die neue Arbeitsteilung: Die Produktion produziert. Die Logistik steuert – Aufträge, Materialfluss und Kapazitäten. Das beinhaltet alle Phasen vom Auftragseingang, über die Steuerung der Produktion bis zur Versandlogistik. Dahinter steckt das Prinzip, möglichst große Teile der eigenen Lieferkette nach dem „Pull-Prinzip“ zu organisieren. Damit ist die vermeintliche Unabhängigkeit von Produktion, Vertrieb und Logistik dahin. Wer für das „Order Fulfillment“ verantwortlich ist, mischt sich nicht nur überall ein, sondern braucht auch den entsprechenden operativen Durchgriff. Hier kann noch manches Unternehmen seinem Bekenntnis zur Kundenorientierung handfeste Taten folgen lassen.

Führung und Verantwortung

Organisatorische Konsequenzen verändern Strukturen, Rollenverständnis und persönlichen Einfluss. Der Einwand, mit den richtigen Zielen und Anreizen, klappt prozessorientiertes Handeln auch in einer funktionalen Struktur, sticht nicht. Zum einen müsste es dann ja in der Vergangenheit ebenfalls gut gelaufen sein, zum andern setzten Anreizsysteme immer Vereinfachungen voraus, die der aktiven Lösung von Zielkonflikten entgegenstehen. Die höchste Effizienz in der Produktion ist eben nicht automatisch deckungsgleich mit höchster Liefertreue gegenüber dem Kunden.  Mit “What-you-get-is-what-you-measure” allein ist es nicht getan (siehe auch Need Cash in Harvard Business Review, Mai 2009).

Fazit

Besonders in Krisenzeiten ist es wichtig, angemessen und schnell zu reagieren. Und es ist besonders anspruchsvoll: Aufträge, die gestern fest gebucht wurden, werden heute schon wieder verschoben; Lieferanten haben aufgrund eigener Kurzarbeit plötzlich verlängerte Lieferzeiten; Finanzierungen gehen schief und verzögern die Auslieferung umfangreicher Lieferungen. Da ist es gut, wenn jemand den Überblick behält und die richtigen Entscheidungen trifft. Eine operative Gesamtverantwortung für die Supply Chain ist ein sehr sinnvoller Schritt.

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2 comments

  1. „Dahinter steckt das Prinzip, möglichst große Teile der eigenen Lieferkette nach dem „Pull-Prinzip“ zu organisieren“

    Wenn das Leben so einfach wäre! „Pull“ braucht seine speziellen Randbedingungen um zu funktionierem, genauso wie andere Verfahren. Alles über eine Kamm scheren ist nicht! Erst die Diagnose, dann die Therapie – oder schluckst du die Antibiotika schon mal auf Verdacht? Soll vorkommen und nennt sich dann Prophylaxe – und hat auch seine Nebenwirkungen. Alles nicht so einfach wie wir es gerne hätten.

  2. Es sind nicht so sehr die Randbedingungen, die für das Funktionieren eines Pull-Abschnitts in einem logistischen System ausschlaggebend sind, sondern sehr viel mehr die Denkansätze, die sich vielfach über lange Jahre eingeprägt haben und heute radikal verändert werden müssen:
    PUSH ist geprägt durch die MRP Logik. Hier werden z.B. Fertigungsaufträge terminiert, die sich aus einem geplanten Bedarf ableiten. Das geschieht weitgehend unabhängig vom tatsächlichen Bedarf. Da geplanter Bedarf und tatsächlicher Bedarf selten deckungsgleich sind, entstehen zwangsläufig Bestände, die diesen Unterschied auszugleichen versuchen, was meist nur bedingt erfolgreich ist.
    Durch Bestände wird prinzipiell jedes logistische System träger und teurer.
    PULL setzt die tatsächliche Nachfrage um. Es wird nur das hergestellt, was jetzt benötigt wird. Dadurch werden zusätzliche Bestände vermieden. Ein solches System ist immer agiler und preiswerter.
    Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass im Rahmen eines PUSH Denkansatzes „Durchsatz“ als eine Kennzahl der produzierten Einheiten pro Zeiteinheit verstanden wird, während im Rahmen eines PULL Denkmodells unter dieser Kennzahl die verkauften Einheiten pro Zeiteinheit verstanden werden.
    Mit den produzierten Einheiten ist noch kein Geld eingenommen worden (sie haben nur Kosten verursacht), mit den verkauften Einheiten schon.

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