Wer macht die Supply Chain erfolgreich?

Heute ist wieder mal der Wurm drin.  Ein trüber Herbstmorgen, krankheitsbedingte Personalausfälle und viele Paletten mit Waren aus einer Produktion, die offensichtlich nachholt, was in den letzten Tagen eher schleppend lief. Und das bei ohnehin schon knappen Transportkapazitäten zwischen Produktion, Lager und internem Versand. Auftrag fertigmelden, zum Transport bereitstellen, abholen und befördern, am richtigen Stellplatz wieder abliefern, ins Lager buchen oder … Alltag in einem Lieferkettenabschnitt.

Vor allem in größeren Werken, die organisch gewachsen sind, womit meist ein wenig optimaler Materialfluss einher geht, wundert es manchmal, wie ordentlich die Dinge dennoch laufen – nur richtig gut ist es eben nicht. Jedenfalls nicht, wenn die schnelle und terminsichere Belieferung von Kunden das Maß der Dinge ist und den entscheidenden Unterschied macht. Bei dieser Betrachtung spielt es übrigens keine große Rolle, ob es um eine komplette, weltweite Supply Chain geht, um einen Werksverbund oder nur um den Mikrokosmos eines kleinen Produktionsabschnitts. Die Frage ist: Wer verkörpert eigentlich die Lieferkette, die diesen Unterschied machen soll?

Wer verkörpert die Supply Chain?

Kandidaten gibt es viele: den weltweiten Supply Chain Manager, den Einkäufer, den Disponenten, den Produktions-Chef, den Einrichter an der Maschine, den Produktionslogistiker, den Lagerleiter, vielleicht sogar den Verkäufer, der Erwartungen beim Kunden weckt, die sich mehr oder weniger schwer realisieren lassen. Das Problem ist, dass es in vielen Unternehmen vermeintlich „hauptamtliche“ Supply Chain Leute gibt (Planung, Disposition, Distributionslogistik) und ansonsten nur funktional Verantwortliche. Die Produktion ist gut, wenn Effizienz (Output), Kosten und Qualität stimmen; der Einkauf ist gut, wenn die Einstandskosten niedrig sind, die Qualitätssicherung … Das geht jedoch nicht auf. Bekanntlich ist die Lieferkette nur so stark wie das schwächste Glied. Alle erwähnten Funktionalisten ein Teil dieser Kette, sie haben es nur nicht verinnerlicht – erschwerend kommt hinzu, dass lokale Ziele eben einfacher zu überblicken sind.

Erfolgreich = Dienst leisten statt nur Vorgaben erfüllen

Wie wäre es mit folgendem Gedanken: Jeder der einen internen Kunden hat, ist erst „entlastet“, wenn der seine Waren oder Dienstleistungen bekommen hat und zufrieden ist. So wie das Unternehmen erst sein Geld vom Kunden bekommt, wenn dieser Kunde die Lieferung tatsächlich vereinnahmt hat. Ein Beispiel: Die Mechanische Fertigung eines Maschinenbauers schickt u.a. Teile an ein kleines Montagewerk, das 20 km entfernt liegt. Die Abwicklung läuft über die eigene Werkslogistik, die wiederum hat eine örtliche Spedition mit dem Transport beauftragt. Meistens klappt es, ein schneller verlässlicher Lieferservice jedoch sieht anders aus. Wer ist für den Lieferservice (zur Klarheit: Lieferfähigkeit und Termineinhaltung) zum Zweigwerk verantwortlich?

Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht nicht um eindeutige Stellenbeschreibungen und die klare Abgrenzung vom Nachbarbereich, sondern um die kundenbezogene Prozessverantwortung – der Produzent (Teilefertigung) als Dienstleister für den Kunden (Montagewerk). Der dazwischengeschaltete Unterstützungsprozess (Werkslogistik) agiert nicht unabhängig, sondern wie ein Subunternehmer.

Erfolgreich = innere Haltung statt Kästchendenken

Supply Chain Management ist eben mehr Haltung und Einstellung als Organigramm und Stellenbeschreibung. Der klare Wille des Top Managements vorausgesetzt. Viel Erfolg auf diesem Weg!

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2 comments

  1. Hallo Herr Wolff,

    dürfen hier auch Betreiber von Fitness-Studios einen Kommentar abgeben? Ich hoffe schon, denn ich muss Ihnen bei dem „internen Kunden-Modell“ widersprechen. Damit habe ich doch viele schlechte Erfahrungen gemacht (und teilweise haben wir ja auch in gemeinsamen Projekten „dagegen“ gearbeitet).
    Bleiben wir bei Ihrem Beispiel: Was ist wenn der Teilefertiger der Engpass ist? Und die lokalen Ziele der Montage diesen Engpass noch verstärken, weil die Montage der Kunde ist?
    Sie sprechen ja selbst von organischen Strukturen und ich denke die Lösung für die Zusammenarbeit sollte sich auch an der Natur ausrichten. In unserem Körper erfüllt jedes Organ seine definierte Aufgaben, kennt seine Grenzen, kann sich in gewissen Umfang selbst regeln, an geänderte Rahmenbedingungen anpassen und braucht erst bei großen Abweichungen Sonder-Prozesse.
    Mein Modell wäre deshalb eher ein organisches: Jede Funktion kennt seine Aufgaben und seine Grenzen. Ziele werden daraus abgeleitet, Auslöse-Kriterien für Sonder-Prozesse sind klar definiert. Es gibt keine internen Kunden – oder noch schlimmer Partner – sonder jeder weiß, das er ein kleines Licht ist und das System nur dann gut funktioniert, wenn er einfach seine Aufgabe erfüllt.
    Wenn ich es mir richtig überlege passen Fitness und SCM doch ganz gut zusammen…

    Viele Grüße

    Peter Langendorf

  2. Die Unterstützung des Top Managements ist ganz klar Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von SC Projekten. Nicht zu unterschätzen ist allerdings die notwendige Einbindung der Mitarbeiter entlang des Materialflusses. Angefangen beim einfachen Lagerlogistiker, über den Fertigungsplaner wie den Versandmitarbeiter. Nach der Gestaltung des Grobkonzeptes in Zusammenarbeit mit der Firmenleitung gilt es, den täglichen Logistikprozess mit den Leuten vor Ort zu etablieren und zu optimieren.

    Aus meiner eigenen Erfahrung eignet sich hier ein KVP-Prozess sehr gut. Abteilungsübergreifende Teams treffen sich einmal wöchentlich, vereinbaren Quartalsziele, legen Verantwortlichkeiten fest und präsentieren die Ergebnisse anschließend der Geschäftsleitung. Nach schleppendem Start im Unternehmen sind aktuell fast alle Mitarbeiter in diesen Prozess eingebunden und haben dadurch die Möglichkeit selbst zu gestalten, natürlich im sinnvollen Rahmen.

    Gerade der abteilungsübergreifende Charakter der Teams hat den von Ihnen angesprochenen Kundenfokus im Blick. Insellösungen sollen dadurch vermieden werden.

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